Das Ziel eines jeden Website-Besitzers ist es, möglichst viele Besucher zu generieren. Bei Unternehmen spielen zusätzlich Conversions wie Anfragen, Kontaktaufnahmen und Käufe eine enorme Rolle. Oftmals gerät hierbei jedoch die Barrierefreiheit in Vergessenheit, die über 10 % mehr potenzielle Kunden mit sich bringen kann.

Eine barrierefreie Internetseite ist ein Web-Angebot, dass keiner zusätzlichen Installation bedarf. Die Website ist unabhängig von technischen oder persönlichen Einschränkungen bzw. Barrieren für jeden Benutzer zugänglich und nutzbar.

Vor allem Menschen, die auf technische Hilfsmittel angewiesen sind, werden es dir danken. Dazu zählen Menschen mit Sehschwäche, motorischen Einschränkungen, Konzentrationsschwäche oder Nicht-Muttersprachler. In Deutschland sind rund 7,5 Millionen Menschen von einer Schwerbehinderung betroffen, die das Internet mit Braille-Zeilen, Sprachausgabe, Joysticks oder reiner Tastatursteuerung nutzen.

Digitale Barrierefreiheit bietet für jeden User einen klaren Vorteil. Dein Unternehmen profitiert von der erweiterten Reichweite dank der Suchmaschinen-Optimierung und deine Websitenutzer werden dir für die gesteigerte Nutzerfreundlichkeit danken. Sie erhöhen damit auch die Kundenzufriedenheit durch selbsterklärende, verständliche Inhalte.

Was muss ich bei einer barrierefreien Website beachten?

Ein barrierefreier Internetauftritt ist schon lange nicht mehr freiwillig. Seit 2002 ist in § 3 des Deutschen Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) festgelegt, dass sämtliche öffentlich zugänglichen Webauftritte des Bundes barrierefrei sein müssen. Aktuell gilt zusätzlich die Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung (BITV) 2.0, die schon seit 2019 für Websites und Apps rechtskräftig ist. Mehr zu den Gesetzen finden Sie in Teil 3 dieser Serie. Ab 2025 gilt für Wirtschaftsakteure das sogenannte Barrierefreiheitsstärkungsgesetzt (BFSG), welches private Wirtschaftsakteure verpflichtet, verschiedene Dienstleistungen und Produkte barrierefrei in Verkehr zu bringen.

Im Sinne der digitalen Barrierefreiheit im Web gibt es folgende Barrieren zu berücksichtigen:

Einschränkungen des Sehens

Blinde und sehbehinderte Nutzer können eine Website nur nutzen, wenn alle Inhalte (Text, Bild, Navigationselemente, Menüpunkte, Eingabefelder etc.) ein sprechendes Textäquivalent besitzen, das von Bildschirmleseprogrammen (Screenreadern) vorgelesen werden kann. Kontrastarme Inhalte sowie Formen sind kaum erkennbar und sollten vermieden werden.

Einschränkungen des Hörens

Menschen mit Taubheit oder einer temporären Beeinträchtigung des Gehörs benötigen Untertitel bei Videos sowie Textfassungen bei Tondokumenten. Dies bietet zudem einen Vorteil für Personen ohne funktionstüchtige Lautsprecher.

Beeinträchtigungen der Motorik

Die Websites müssen so gestaltet sein, dass ein Nutzer sie beispielsweise auch ohne Maus bedienen kann.

Geistige und seelische Einschränkungen

Hier helfen eine klare, auf wenige Bedienungsschritte beschränkte Navigation sowie eine möglichst verständliche Sprache mit einfachem Vokabular und verständlichen Begriffen. Dies gehört auch zu den Prinzipien der Usability, die von allen Anwendern geschätzt werden.

Technische Einschränkungen

Inhalte einer Website sollten für die Ausgabe durch assistive Hilfsmittel geeignet sein. Die Verwendung älterer Browser oder Text-Browser sollte berücksichtigt werden.

In der technischen Umsetzung kann das so aussehen:

Übersichtliche und verständliche Struktur

  • Nicht mehr als 5 – 7 Menüpunkte verwenden
  • Inhalte sollten innerhalb weniger Klicks erreichbar sein
  • Auf Tabellen verzichten (Problem bei Darstellung auf mobilen Endgeräten)
  • Überschriften h1 – h6 korrekt einsetzen

Alternativ-Texte bei Bildern ausfüllen

  • Der Alt-Text ist ein wichtiger Indikator für Suchmaschinen
  • Fotos, Grafiken und Co. brauchen Alt-Texte, damit auch Blinde das Bild vorgelesen bekommen können
  • Screenreader vorlesen lassen oder taktil über eine Braillezeile wiedergeben

Ausreichend Farbkontraste

  • Scharfe Kontraste für eine optimale Lesbarkeit der Web-Inhalte nutzen
  • Die Schrift sollte sich zum Hintergrund deutlich abheben

Leichte oder einfache Sprache verwenden

  • Vermeiden von Fremdwörtern, Fachwörtern und langen Sätze
  • Jugendsprache vermeiden oder in einem zusätzlichen Lexikon erklären

Audio-Dateien

  • Audio-Deskription oder Volltext-Version für taube und gehörgeschädigte User zur Verfügung stellen
  • Videos brauchen Untertitel und ggf. auch Audio-Deskriptionen

Automatische Log-out-Funktion

  • Nutzer ausreichend Zeit zum Erfassen des Contents einräumen
  • Leser über einen Countdown informieren (Reaktionszeitraum von mindestens 20 Sekunden)
  • Zeitbegrenzung kann gestoppt oder verlängert werden

Nutzerfreundlichkeit

  • Web-Texte sollten sich ohne assistive Programme auf 200 % vergrößern lassen (5x die Tastenkombination „STRG+“ drücken)
  • Elemente überlappen sich beim Zoomen nicht und werden auch nicht unkenntlich

Bedienung mittels der Tastatur

  • Alle Steuerungselemente der Seite sollten über eine Tabulator-Taste erreichbar sein
  • Motorisch eingeschränkte User sollten gleichzeitig wissen, wo sie sich befinden: sichtbaren Tastaturfokus geben, z. B. durch eine farbige Umrandung

Formulare für alle User verständlich machen

  • Eingabefelder mit Beschriftungen versehen
  • Korrekturvorschlägen bei Eingabefehlern einfügen
  • Online-Dienste, die mit Überweisungen arbeiten und die Daten von Nutzern in Datenbanken bearbeiten, müssen die Richtlinie 3.3.4 beachten: Ausführungen können rückgängig gemacht werden, Eingabefehler werden überprüft und der User kann seine eingegebenen Informationen vor dem Absenden selbst kontrollieren/korrigieren

Führung des Users durch die Site

  • Orientierungs- und Navigationshilfen für Nutzern sowie Hilfen zum Auffinden von Inhalten
  • Markierungen der Menüpunkte bei aktiver Seite
  • Durch Suchfunktionen kann Content gezielt gefunden werden
  • Interne Links markieren
  • Weitere Interaktionsmöglichkeiten vorschlagen, erhöht die Verweildauer der User und die Nutzerfreundlichkeit

Barrierefreie Websites – gesetzliche Regelungen und wichtige Begrifflichkeiten

Seit 1994 erschafft das World Wide Web Consortium (W3C) sogenannte Web Content Accessibility Guidelines (WCAG), welche die weltweit geltenden Richtlinien für alle auf Entwicklerseiten beteiligten Interessengruppen darstellen. Die 1997 gegründete Web Accessibility Initiative (WAI) sieht das Aufstellen dieser Richtlinien als ihre Hauptaufgabe.

WCAG sind keine rechtliche Pflicht und gelten im ersten Schritt Vorlage für entsprechende nationale Bestimmungen wie die Barrierefreiheit Informationstechnik-Verordnung (BITV) in Deutschland. Diese ist seit 2002 in § 3 des Deutschen Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) festgelegt und besagt, dass sämtliche öffentlich zugänglichen Webauftritte des Bundes barrierefrei sein müssen. Kurz: Informationstechniken sollen für Menschen mit Beeinträchtigungen jeglicher Art zugänglich sein. Das Gesetz gilt bislang nicht für private und kommerzielle Seite. Diese können sich jedoch an den WCAG des W3C orientieren.

An den WCAG orientieren – so geht’s

Die Web Content Accessibility Guidelines sind in vier Prinzipien (wahrnehmbar, bedienbar, verständlich, robust) eingeteilt, die wiederum in eigene Richtlinien mit sogenannten success criteria, sprich Erfolgskriterien, eingeteilt sind. Diese beinhalten drei Konformitätsstufen:

Level A

Das sind die Mindestanforderungen mit 30 Erfolgskriterien.

Level AA

Das sind die Mindestanforderungen mit zusätzlichen 20, also gesamt 50 Erfolgskriterien.

Level AAA

Das sind die Anforderungen des BITV mit 28 weiteren und damit allen 78 Erfolgskriterien.

Seit 2018 gibt es 78 Erfolgskriterien in der WCAG 2.1. Darunter erfüllen 50 das Level AA.

Die BITV beachten – so geht‘s

In Deutschland gilt die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV). Seit 2020 ist es Pflicht, dass alle öffentlichen Einrichtungen barrierefrei programmiert werden müssen. Zu den öffentlichen Einrichtungen zählen

  • Stiftungen
  • Zweckverbände – also Zusammenschlüsse von Gemeinden und Gemeindeverbänden
  • Gesetzliche Krankenkassen sowie kassenärztliche Vereinigungen
  • Hochschulen, Universitäten und Fachhochschulen
  • Sozialversicherungen
  • Landschaftsverbände
  • Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, Rechtsanwalts- und Ärztekammern, Berufsgenossenschaften und Innungen
  • Sparkassen, staatliche Vermögensverwaltungen und Finanzdienste
  • Schulen und Kindergärten mit Online-Verwaltungsfunktion
  • Öffentlicher Nahverkehr
  • Online-Händler

Private Wirtschaftsakteure wie Privatschulen sind erst 2025 durch das sogenannte Barrierefreiheitsstärkungsgesetzt (BFSG) betroffen.

Die gesetzlichen Vorgaben müssen eingehalten werden, um die eigene Website als barrierefrei bewerten zu können. Sie basiert auf der Europäischen Richtlinie 2016/2102, in welcher unter anderem die 50 AA-Kriterien der WCAG 2.1 zu finden sind. Geregelt wird das Ganze durch die EN 301 549. Dies ist eine europäische Norm für Mindestanforderungen an die Barrierefreiheit der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT).

Es gibt durch die BITV 2.0 noch weitere Anforderungen, die sich über dem AA-Level befinden, jedoch nicht direkt als Level AAA zu definieren sind. Sinn dahinter ist es, ein nach formalen Kriterien barrierefreier Zugang nicht mit einer guten Nutzbarkeit gleichzusetzen.

Was das schlussendlich für die technische Umsetzung Ihrer Website bedeutet, können Sie hier nachlesen. Der Autor Jan Hellbusch erklärt hier übersichtlich alles, was Sie zur BITV 2.0 wissen solltest.

Woher weiß ich, ob meine Website barrierefrei ist?

Es gibt sogenannte BIK-Tests, die Ihre Website bezüglich BITV und WCAG testen. Die Abkürzung „BIK“ steht hierbei für barrierefrei informieren und kommunizieren. Beide Tests sind kostenpflichtig und prüfen die Erfolgskriterien. Im Gegensatz zum BITV-Test ist der WCAG-Test für alle Webseiten sinnvoll, die nicht der BITV unterliegen. Die zu erfüllenden Kriterien der Konformitätsstufe AA haben sich international als ausreichend durchgesetzt.

Sie haben Fragen?

Barrierefreiheit im Netz ist ein komplexes Thema. Die KASSANDRA Werbeagentur unterstützt Sie nicht nur bei der Programmierung Ihrer barrierefreien Website, sondern berät Sie auch gerne in einem unverbindlichen Gespräch. Schreiben oder rufen Sie uns einfach an!

Ein Beitrag von Samira Martin, Auszubildende Kauffrau für Marketingkommunikation

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